.zu den Bildern aus meinem Leben:

1. den Klängen meines Vaters lauschen

2. mein Vater in seinen geliebten Bergen

3. mein Bruder, seine Musik, seine Band

4. Ferienjob als Hostess, für's Reisegeld

5.  ich liebe Gruppen die etwas auf die Beine stellen

6.  Theater spielen, eine Passion von mir

7.  eine glückliche Famile

8.  Veloturen in den Ferien

9.  Leben weitergeben - ich werde Grossmutter

10. das Chorleben nimmt in meinem Leben einen         ..... wichtigen Platz ein. 

11. Line-Dance in der Jurassischen Pampas hält fit

12. meine Oase im Jura

13. zufrieden mit 80

14  der Garten, meine Freude

zu mir

Norah's HighAgeTalk ist ein Blog, der sich dem positiven Umgang mit dem Alter widmet. Ich glaube daran, dass das Leben in jedem Alter lebenswert ist und möchte mit diesen Inhalten dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und den Blick auf das Alter etwas zu verändern und zu verbessern. Ich versuche aus eigenen Erfahrungen zu berichten, aus Erlebtem und Erprobtem und ich versuche, kein "Klugscheisser" zu sein.

Ich bin Norah, werde gerade 80, (so steht es in meinem Pass), stehe total im Leben, bin engagiert und oft sehr glücklich. Ich kenne auch Wut, Ärger, Traurigkeit, Verzweiflung und Schmerz sehr genau, doch habe ich gelernt, diesen Gefühlen nicht die Oberhand zu geben.

Ich lebe auf einer kleinen, alten "Ferme", am Waldrand. Das Lindenhaus nennen sie es hier, im französischen Jura. Die kleine Ferme, einst eher eine einsame Hütte mit viel Land für meine bewegungsaktiven Kinder, für Musik, viele Pferde und mich selber mit meiner Arbeit, während  den Schulferien. Doch dann, die kleine Ferme geriet in Vergessenheit, die Kinder gross und selbständig, die Mutter in Spanien am arbeiten und erst am Ende meiner Berufstätigkeit habe ich mich an das Lindenhäuschen erinnert, es aus dem Dornröschenschlaf erweckt und es mit viel Engagement und Schweiss renoviert. Eine Herausforderung sondergleichen, bei der man unglaublich viel lernt. Sehr zu empfehlen!

Hier habe ich mir nun also mein Nest gebaut!

Mein Leben war von Anfang an irgendwie sehr bewegt. Ich bin das Liebesresultat einer schönen tschechischen Mutter und eines wilden schweizer Vaters, ein Nachkriegsglück, wie sie mir sagten. Da meine Mutter verliebt in die Schweizergeschichte, "Heidi und Peter" war, bekam ich also letztlich den Namen "Heidi", anstatt den vorgesehenen Namen, "Norah-Boschena". Das hat mich später irgendwie etwas beleidigt, weil meine geliebte Grossmutter sich so sehr wünschte, dass die tschechische Vergangenheit, wenigstens im Namen weiterleben dürfte. Doch meine Mutter wollte mit aller Kraft, die tschechische Geschichte und die Vergangenheit definitiv hinter sich lassen. So riefen sie mich nun also offiziell "Heidi" und das musste ich akzeptieren. Doch es gab viele Kosenamen, jeder in der Familie hatte so seinen. Als ich dann später den Heidi-Film, von Johanna Spyri, anschauen konnte, da verstand ich den Wunsch meine Mutter etwas besser. Mein Bruder wurde übrigens Peter genannt, ganz klar - also, glückliche Schweizerkinder!

Irgendwie hatte mir das Schicksal einige schwierige Aufgaben auferlegt, die ich als Kind nicht eben fair fand. Polio, TB, Brüche und Vieles mehr. Ich war einfach andauernd und oft, schwer krank. Ich war wirklich eine grosse Belastung für meine, nicht sehr belastbare Mutter. Jedoch, und Gott sei Dank, war ich eine totale Herausforderung für meinen engagierten, liebenden Vater. Heute versteh ich den Nutzen all diesen Lernens und Kämpfens besser und bin versöhnt mit meiner etwas beschwerlichen oder sagen wir anstrengenden Kindheit.

Ich habe einen Bruder, älter als ich, der so ganz anders ist, als ich. Der immer gesund war und unglaublich seriös, stabil und pflichtbewusst. Ich bewunderte ihn immer, als Kind und in seiner Eigenart hatte ich ihn richtig gern. Er beschützte mich auch oft und irgendwie brauchten wir einander in unserer Verschiedenheit und das war gut so. Er, in seiner leisen, zurückhaltenden, akzeptierenden und respektvollen Art, ich in meiner spontanen, sprudelnden, kämpferischen und leidenschaftlichen Art.

Meine Kindheit erlebte ich in Zürich/Triemli in einer der vielen Bau-Genossenschaften, die nach dem Krieg überall gebaut wurden. Ein kleines Haus, der Rossacker 71, mit Garten, einem Kachelofen und einer immer offenen Tür. Das war unser Zuhause und eine Zentrale für all die Menschen mit denen wir das Leben teilten - und das waren Viele. Vor allem meine tschechischen und geflüchteten Familienmitglieder kamen gerne zu Besuch, aber auch die Brüder und Schwestern meines Vaters, sechs an der Zahl, waren sehr gern gesehen. Hier lernte ich so viele wichtige Elemente des Lebens kennen, wie verschiedene Kulturen, verschiedene Lebensgeschichten, meine geistig behinderte Freundin nebenan, Gregor der Bildhauer dem ich so gerne zuschaute und dessen Sohn behauptete, verliebt in mich zu sein. Ein Stück weiter vorne an der Strasse, am Waldrand, war der jüdische Friedhof, der mich irgendwie faszinierte mit den seltsamen Inschriften und den aufgetürmten Steinen. Dann die riesige Kiesgrube, Richtung Friesenberg, ein verbotenes Eldorado für die Kinder! Wir waren auch sehr oft mit den Brieftauben-Freunden meines Vaters und mit deren Familien zusammen und unterwegs. Die Väter kannten und vereinten sich, nach den Krieg zu einer sehr starken Gemeinschaft, die unser Leben reich machte und auf's Beste beeinflusste. Hier lernte ich, dass man wirklich und in jedem Fall füreinander da ist. Eines der Kinder dieser "Brieftäubler" wurde später der Pate unserer ersten Tochter. Mein Vater war ein sehr leidenschaftlicher "Brieftäubler" und ein brillanter Bergsteiger, der im Krieg in den Bergen die Tauben mit den Informationen an den Beinchen, zurück in ihre Station fliegen liess. (Ich habe noch immer von den kleinen, leichten Hülsen mit den eng aufgerollten Miniatur-Liebesbriefchen an meine Mutter). Mein Vater war mit den grossen Hunden, die die Taubengitter trugen, wochenlang im Gotthard-Gebirge, um die Grenze zu Italien zu beobachten und von dort aus zu berichten - es war ja Krieg! Diesen Job erhielt er von seinem Vorgesetzten, weil er kein Gewehr tragen wollte und ein sehr guter Bergsteiger war. Ich lauschte sehr gerne seinen Geschichten über diese harte Zeit und ich war mächtig stolz auf meinen Vater. Ich ging, wann immer es möglich war, zu meinem Vater in seine Werkstatt und er zeigte mir geduldig, wie man Vogelhäuschen zimmert und Schildkröten-Behausungen macht. Oder ich lauschte den Klängen seiner silberfarbenen Handorgel, wenn er die schönen Tessiner-Lieder spielte und dazu sang. Dabei sass ich ihm zu Füssen, auf dem von ihm selbst geschreinerten kleinen Holzhocker, (Bild nebenan), den ich noch heute nutze und behüte. Er trägt so viele wichtige Erinnerungen.

Eine Horde wilder Genossenschafts-Kinder, das war mein Segen. Hütten bauen, Versteck spielen, Schnitzeljagd machen, Schneehütten auftürmen, "Völk", das beliebte Ballspiel am Abend, das waren meine kindlichen Glücksmomente, ich wollte einfach dazugehören. Mein Vater lehrte den Kindern geduldig, dass auch ein körperlich schwaches Mädchen seinen Platz in der Gruppe braucht, um stark zu werden. Das verstanden die Kinder irgendwie und schleppten mich überall hin mit, mal auf dem Rücken der starken Buben, mal in einem alten Kinderwagen, wenn die Beine nicht wollten - ich war dabei und somit glücklich. Manchmal nahm mein Vater die Kinder reihum, mit seinem Töff im Seitenwagen, zu einer kleinen Runde mit. Das kam gut an bei den Kindern und war deshalb auch sehr nützlich für mich.

Im Sommer, am Samstag Abend, machte mein Vater Kino für die Kinder, im Freien, hinterm Haus. Ein weisses Linnen zwischen zwei Teppichstangen reichte aus als Leinwand, um Dick und Doof, Bambi und all die Disnay-Filme aus dem Filmverleih, mit dem ratternden 8-Millimeter - Projektor, zu schauen. Wir Kinder sassen aufgeregt, mit einem Kissen unterm Hinter, im Gras, staunten und lachten und waren einfach glücklich. Dafür durften wir alle sehr lange aufbleiben. Das verstanden alle Eltern sehr gut.

Die Schule war für mich ein Mysterium. Durch die vielen gesundheitlichen Abwesenheiten, verpasste ich Einiges in der Schule. Doch weil ich ein beliebtes, oder sagen wir, anständiges Kind war, nahm man mich von Klasse zu Klasse einfach mit. Eine Legasthenie machte das Ganze zu einem schulischen Seiltanz. Im Zeugnis stand oft; "träumt viel, schaut aus dem Fenster".

Meine Ausbildung machte ich in der Aerztebedarf-Apotheke Hausmann, in Zürich. Man traute mir leider keinen handwerklichen Beruf zu. Ich war da noch dünn und zerbrechlich, wog gerade mal 42 Kgr. bei 176 Grösse - nichts für meine Traumberufe. Doch mein Lehrmeister und Chef des Hauses, machte diese Lehre zu einem Highlight für mich!  Dies, mit seiner Güte, seiner Weitsicht, seiner Wertschätzung, seinem Engagement für Jugendliche und seinem Mut, andere Wege des Lehrens und Lernens zu gehen. So schloss ich nach 3 Jahren meine Lehre top ab! Mein Lehrmeister und ich waren so glücklich und stolz! Jetzt fühlte ich mich bereit für's Leben! Ich denke noch oft an den alten, feinen, grossen Herrn, wenn ich ein Problem zu lösen habe. Ich tu es dann nach seiner Art.

Als "Aupair" wollte ich Sprachen lernen, die Welt bereisen und Kulturen verstehen lernen. Das war nun mein erstes und wichtigstes Bedürfnis. Zuerst in England/Swanage, dann in Frankreich/Paris, in Italien/Monte Luco, in den USA/Greenbay - Wisconsin und schliesslich in den Bergen von Catalunya in Spanien. An diesen Orten lebte und arbeitete ich und das waren alles sehr prägende und gute Erlebnisse und Erfahrungen für mich. Nach dem schmerzlichen Verlust meines ersten Lebens-Partners, brauchte ich eine lange Pause. In der Toscana, in einer abgelegenen, alten, unbenutzten, wunderschönen Abtei fand ich den richtigen Platz für mich und meine Auszeit. Ich brauchte sehr viel Zeit um die Welt und das Leben besser zu verstehen, aber auch Zeit, mit den Herausforderungen der Geschichte und der Gesellschaft umzugehen. Es waren die 68er Jahre, der Vietnam-Krieg, Cambodia, die Atomkraftwerke, Demos überall, ausgeflippte Partys, die Hippys, die Beatels und mein Fühlen, dass ich meinen Platz nicht mehr in dieser Gesellschaft und in einer Stadt finden würde. Ich entwickelte mich gut in der Toscana, wurde körperlich stark und gewann sehr viel wichtige Erfahrung. Die Weite dieses Landes, die Wanderungen in den Wäldern und Rebbergen, heilten viele alte Wunden bei mir und ich lernte das Leben auf dem Land mit Tieren, Garten, Gästen und einer wunderbaren Dorfgemeinschaft kennen und lieben.

In der Toscana also, wo ich einige Jahre ein Retraite-Haus aufbaute und betreute, lernte ich den Vater meiner Kinder kennen und lieben, ein Schweizer-Gast! Ich wurde dann irgendwann, in dieser Wochenend-Beziehing schwanger. Das hätte mir nun wirklich kein Arzt zugetraut, nach dieser Kindheits- und Krankengeschichte. So siedelte ich, nach vielen Gesprächen und schweren Herzens in die Schweiz zurück. Unser Kind sollte nicht ohne seinen Vater aufwachsen, das war für mich sehr wichtig, hatte ich selber doch eine sehr starke Vaterbindung. Doch das Verlassen meiner geliebte Wahlheimat, die Berge der Toscana, die Düfte, das Licht und die Farben, mein schönes Haus auf dem Hügel, die Residenz/Niederlassung in Italien, meine so lieb gewonnenen Freunde - das alles zu verlassen, das war sehr, sehr schwer für mich und ein wirklicher Kraftakt.

Ich kam rechtzeitig zur Geburt unserer ersten Tochter in Zürich an, mit meinem vollgepackten VW-Bus und einem grossen Berner-Sennenhund. Ich wurde in der kleinen Studentenwohnung meines Partners und seinem Freund, an einer Hauptstrasse, mitten in Zürich empfangen. Mein Partner hatte leider die geplante Bleibe auf dem Land nicht gefunden und sein neuer Arbeitsplatz war nun im Ausland angesagt. Nach vielen Jahren ruhigem Landleben in der Toskana - war dieser Wechsel mit seinen vielen Optionen sehr hart! Ich glaube, er war einfach sehr heftig für uns alle. Unsere Tochter konnte nicht an die frische Luft an dieser vermauerten Haupt-Strasse. Mein Hund wurde krank und apatisch, denn die Stadt kannte er nicht, er war ein toskanischer, freier Hund mit viel Auslauf. Ich selber fühlte mich irgendwie fehl am Platz und gerade in diesem Moment starb auch noch mein Vater auf einer Reise im Ausland! Und wie es immer ist - wir hätten noch einiges klären müssen. Nachdem ich einige Male die Koffern packte, und zurück in mein Zuhause in der Toskana wollte, weil es für mich mit einem neugeborenen Kind und mit einem grossem Hund einfach nicht möglich war, so zu leben und gerade da fand ich, im letzten Moment, einen kleinen Bauernhof am Rhein, nahe Zürich. Ein kleines abgelegenes wunderschönes Paradis war es und irgendwie gelang mir damit auch, die Wieder-Akklimatisierung an die Schweiz. In dieser Ruhe konnte ich mein kleines Wunder, meine Tochter, geniessen und ihre Entwicklung bewundern. Mein Hund hatte wieder Auslauf und eine Aufgabe mit den bewachen der Tiere und er wurde wieder gesund! Mein Partner arbeitete im Ausland und so ging die Wochenendbeziehung weiter. Doch jeder soll sich entwickeln können, meinte ich damals. Ich wurde Mutter dreier Kinder, eines davon aus Indien adoptiert. Adoptieren, das wollte ich immer schon, seit ich Kind war! Auch mein Partner teilte die Auffassung, dass es zu viele elternlose Kinder auf der Welt gibt. Es folgten 10 Jahre Voll-Engagement für die drei Kinder und den kleinen Hof mit vielen Tieren und  Selbst-Versorgung. Ich war eine sehr glückliche Mutter - die Zeit mit den Kindern im kleinen Paradis war ein Geschenk für mich und für die Kinder. Leider nicht für meinen Partner. Nach zehn Jahren kam, eine für uns alle, traumatische Scheidung und damit den Wegzug aus dem Paradis. Ich war jetzt plötzlich alleinerziehende Mutter und mir wurde auf einen Schlag bewusst, dass ich ab jetzt die volle Verantwortung für vier Menschen trug - der Vater meiner Kinder zog ans andere Ende der Schweiz in sein neues Leben. Ich musste mir nun die Grundlagen für ein erfülltes Berufsleben aufbauen, mich nebenberuflich am Abend und am WE ausbilden und ich wollte endlich studieren und mehr lernen und verstehen von dieser komplexen Welt. Wirklich nicht einfach, als alleinerziehende Mutter! Ich wusste schon sehr lange, dass ich einmal mit Menschen arbeiten will und ich wusste immer schon, dass meine Kinder eine zufriedene Mutter brauchten.

Die Kinder und ich lebten nun in der Altstadt eines kleinen Städtchen am Rhein, in einem grosszügigen alten Riegel-Haus nahe dem Rhein und nahe Schaffhausen, wo auch zukünftige Schulen möglich waren. Das kleine Städtchen war für die Kinder überschaubar, sehr geborgen und mit vielen Möglichkeiten verbunden. Hier konnten sie sich frei bewegen, sich gut entwickeln und ich fand vor Ort, tolle Pflege-Eltern für jedes Kind. Die sprangen in meinen Ausbildungs-Blöcken im Ausland ein und nahmen die Kinder jeweils in ihren Familien auf. Dafür bin ich ihnen, auch heute noch, sehr dankbar! Meine drei Töchter entwickelten sich zu starken, eigenständigen und liebesfähigen Frauen und ich bin sehr stolz auf sie!

Ich schloss meine verschiedenen Ausbildungen mit Bravur ab und eröffnete eine Beratungs - und Ausbildungs - Praxis in Schaffhausen. Nach einem sehr reichen und erfüllten Berufsleben als Organisations-Entwicklerin und Supervisorin im Gesundheitswesen, als NLP-Trainerin, Seminarleiterin und Entspannungs-Therapeutin, bin ich nach verschiedenen Stationen, hier im französischen Jura gelandet. 

Heute ist es nun mein Wunsch, älteren Menschen Mut zu machen sich weiter zu entwickeln, ihre Fähigkeiten einzusetzen, sich zu engagieren, Träume endlich umzusetzen, Werte zu leben und den gemütlichen Sessel gegen gelebte Lebendigkeit einzutauschen. Zudem glaube ich, wir haben auch im Alter gesellschaftliche Pflichten!

Und über die Wichtigkeit des Grossmutter-seins, erzähle ich später.

Lassen sie sich inspirieren von Einsichten, Aussichten, Umbrüchen, Vernetzungen, Ideen und Unterstützungen!

Ich freu mich auf unser Tun und Lassen.

Ihre Norah H. Hottinger-Streuli

 

Warum ich das hier aufschreibe? Ganz einfach - ich muss es dann nicht mehr erzählen!

 

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